BETTY BLÜH AUF REISEN
Nachdem sich die erste Aufregung über das Frühlingserwachen am Bach gelegt hat, wird es Betty Blüh langweilig. "Immer nur der Bach. der Ort Inning liegt schließlich am Ammersee. Und auf dem Ammersee fahren doch auch Dampfer. Vielleicht sollte ich einmal eine Dampferfahrt machen und meine alten Freunde besuchen." Gesagt, getan. Betty packt ihre sieben Sachen in einen Rucksack, verschließt ihre Höhlentüre und geht zu Professor Zirp. "Hast Du Lust mit mir einen Ausflug zu machen? Ein paar Tage die Welt rund um den Ammersee zu erkunden?" Zerstreut blickt der Professor von seinem Aktenordner zu Betty Blüh. Er schüttelt den Kopf und schaut über die Brille der Maus ins Gesicht. "Für so etwas habe ich keine Zeit. Ich habe gerade eine neue Entdeckung gemacht und muss das erst einmal alles Dokumentieren. Tut mir Leid, kleine Maus, frag doch mal das Eichhörnchen Franz." Betty verabschiedet sich vom Professor, bittet ihn, ihre Blumen zu gießen und macht sich auf die Suche nach Franz. Sie schaut um die Hecke, hinter dem Parkplatz, an den Haselnusssträuchern und auf der Wiese bei den Kühen. Weit und breit kein Franz. Wo kann der nur sein? Nein, auf Suchen hat sie jetzt keine Lust. Professor Zirp wird ihm schon sagen, dass sie einen Ausflug macht, wenn er nach ihr fragt.
Pfeifend und mit federnden Gang hüpft sie am Inninger Bach entlang nach Stegen. Beeindruckt schaut sie über das Wasser zur Zugspitze. Es ist einer dieser herrlicher Föhntage in Bayern und das Gebirge ist zum Greifen nah. Am Uferweg entlang durch das Gestrüpp am See kommt sie nach Eching am Ammersee. Zwischen den Grashalmen entdeckt sie eine wilde Orchidee. "Vielleicht sollte ich von jedem Ort den ich besuche eine Pflanze für Zuhause mitnehmen? Dann kann ich Professor Zirp meine ganze Reise anhand der Pflanzen erzählen und vergesse dabei nichts." Vorsichtig gräbt sie die Orchidee aus und verstaut sie in ihrem Rucksack. Durch den Weingarten kommt sie von Eching nach Schondorf am Ammersee. Von der Ostseite aus hat sie die Landschaft noch nie gesehen. Irgendwie ganz anders! Ganz verträumt stolpert sie an der Uferpromenade über einen Blumenkasten. Sie erschrickt und fängt gleich darauf an zu lachen. "Das ist ja mal wieder typisch ich, schau in die Luft und bleib an einer Tulpenzwiebel hängen. Ich glaube, die will zu mir in den Garten." Sie bückt sich und steckt sie zu der Orchidee von Eching. Auf einmal hört man ganz laut einen Dampfer hupen. "Oh, eine gute Idee. Meine Füße sind schon ganz platt gelaufen. Das nächste Stück fahr ich mit dem Schiff." Flink hüpft sie an Bord, bevor der mächtige Raddampfer Dießen ablegt und Kurs auf Utting nimmt. Sie sucht sich ein Plätzchen in der Sonne und genießt den Fahrtwind. Das eintönige Rattern der Schaufelräder schläfert die kleine Maus ein. So erschöpft wie sie ist, verträumt sie das Anlegen des Schiffes an den Dampferstegen von Holzhausen, Riederau und Dießen. Erst als sie eine zünftige Blasmusik spielt, wird sie aus ihren Träumen gerissen. Erschrocken blickt sie sich um. „Oh, da hab ich aber lang geschlafen ich bin ja schon in Herrsching am Ammersee angekommen. Gibt es da nicht den schönen Schlossgarten direkt am See? Den schau ich mir an!“ Emsig rafft sie ihre sieben Sachen zusammen und verlässt mit einem mutigen Hopsa vom Geländer des Schiffes ihr Gefährt. An der Uferpromenade entlang, durch einen Biergarten kommt sie zum Schlossgarten. „Ach, wie schön!“ Ihr Gärtnerherz hüpft vor Freude, als sie dieses Blumenmeer erblickt. Es reihen sich dicht an dicht Petunien, Vergissmeinnicht, Lavendel und Rosen in den Rabatten. Die stolzen hohen Bäume bilden über dem Garten ein richtiges Blätterdach. Beeindruckt lässt sich Betty Blüh auf einer Bank nieder. „Hier nehme ich keine Blume mit, dass ist viel zu schade. Ich stibitze mir ein Blatt vom Kastanienbaum als Erinnerung. Aber ich glaube, diese Pracht kann ich sowieso nicht vergessen.“ Sie schlendert am See entlang und kommt an den Parkplatz mit Bushaltestelle. Gerade fährt ein Bus heran. Kurzentschlossen löst sie eine Fahrkarte und ist auf dem Weg nach Seefeld am Pilsensee. Die Fahrt geht über Breitbrunn, Schlagenhofen und Hechendorf. Am Seefelder Schloss steigt sie aus und schaut sich den Innenhof des Törringschen Besitz an. Als sie so dasteht, kommt eine Schlossmaus neugierig auf sie zu und fragt: „Dich hab ich ja noch nie gesehen. Wo kommst Du den her?“ Betty Blüh dreht sich erschrocken um. „Oh, Grüß Gott, ich heiße Betty Blüh und komme aus Inning am Ammersee. Ich wohne dort in der idyllischen Gärtnerei Hübsch, direkt am Bach. Kennst Du die?“ „Ich glaube vom Erzählen. Dort gewesen bin ich noch nie. Die ist doch ganz schön weit weg, oder?“ „Für uns Mäuse vielleicht schon, aber für die Menschen mit Rad, Auto oder Bus nur ein paar Minuten.“ „Was machst Du dann hier bei uns? Und wie bist Du hier her gekommen?“ Und dann fängt Betty zu erzählen an. Und erzählt, und erzählt. Die Schlossmaus Anton bekommt vor lauter staunen den Mund nicht mehr zu.
Als Betty dann fertig ist, hat sie einen riesen Hunger und im Schlosshof gehen die Laternen in der Dämmerung an. „Hast Du Lust? Essen wir gemeinsam? Du bist mein Gast!“ lädt Anton sie ein. Gemeinsam huschen sie am Brunnen und den Pflanztrögen vorbei in die Maushöhle von Anton. Sie ist sehr herrschaftlich. Wie es sich für eine Schlossmaus gehört. Ganz hinten brennt schon ein Feuer in einem Ofen und eine Pfanne steht darauf. Es duftet nach Oregano, Thymian und Rosmarin. Darin brodelt ein Eintopf aus frischem Gemüse. Bohnen, Erbsen, Karotten, Kartoffeln, Paprika und Tomaten kochen vor sich hin. Betty läuft das Wasser im Mund zusammen. So eine Reise macht ganz schön Hunger! Sie setzten sich an den Tisch und fangen zum Schlemmen an. Nach dem Abwasch richten sie ein Lager für Betty her und nach kurzer Zeit schlummern beide Mäuse in ihrem warmen Betten.
Am nächsten Morgen wird Betty vom Krähen eines Hahns geweckt. „Wie bei uns in der Gärtnerei.“ Gluckst sie vor sich hin, zieht sich an, putz sich die Zähne und geht zu Anton in die Küche. Dort wartet schon ein Frühstück mit einem frischen Apfel, einer gelben Banane und roten Himbeeren. Betty stärkt sich und verabschiedet sich dann von Anton. Natürlich nicht, ohne ihn einzuladen auf einen Besuch in der idyllischen Gärtnerei Hübsch am Bach. Sie umarmen sich ein letztes Mal und Betty macht sich auf den Weg Richtung Steinebach am Wörthsee. Als Erinnerung an Seefeld pflückt sie ein Gänseblümchen und steckt es in den Rucksack. Durch die alte Baumallee, die direkt nach Weßling führt, nimmt sie den ersten Teil der Strecke. An Oberalting vorbei über Meiling kommt sie nach Auing und Steinebach. Jetzt ist sie am Wörthsee angekommen. Den dritten See auf ihrer Reise. In Steinebach herrscht Hochbetrieb. Gerade wird eine Hochzeit direkt am See gefeiert. Mädchen in rosa Kleidern werfen Blüten von Apfel- und Kirschbäumen auf die frisch Vermählten. Alle lachen und freuen sich mit dem Brautpaar. Betty kommt in Feierlaune. Übermütig dreht sie sich im Kreis und landet unsanft mit ihrem Allerwertesten auf einem Kaktus. „Aua, wer setzt den hier Kakteen ein? So was Blödes.“ Sie reibt sich mit ihrer Hand über den Popo. Dann bückt sie sich schnell, hebt eine Blüte von der Trauung auf und tappst weiter nach Walchstadt. Diese Etappe hat sie schnell hinter sich und steht dann kurz darauf am Golfplatz von Wörthsee. Ein gefährlicher Ort für eine kleine Maus. Und schon fliegen die Golfbälle rechts und links von ihr. Betty bekommt Panik und läuft in Richtung Grünsink. An der Kapelle bleibt sie atemlos stehen. Nach Luft schnappend versucht sie sich zu orientieren. Wo geht es denn jetzt weiter? Sie blickt zum Himmel und entdeckt ein kleines Flugzeug. „Gibt es nicht in Oberpfaffenhofen einen Flugplatz? So ein Blick von oben auf diese Welt würde mir auch gut gefallen.“ Mit diesem neuen Ziel vor Augen geht das mit dem Laufen gleich viel schneller. Sie nimmt den direkten Weg über Mischenried und ist kurz darauf bei der DLR in Oberpfaffenhofen. Für uns Menschen wäre jetzt hier die Reise zu Ende. Bei diesen strengen Sicherheitsvorkehrungen würden wir nie in den Fliegerhorst gelangen. Aber Betty Blüh ist eine Maus. Eine mutige Maus mit guten Einfällen. Deshalb ist es für sie ein leichtes Spiel. Sie huscht durch die Eingangstür an der Pforte in dem Moment, als sich der Pförtner mit einem Piloten unterhält und springt mit aller Kraft in das nächstbeste Flugzeug. Mit pochendem Herzen wartet sie auf den Start. Schon bald dröhnen die Motoren los und der Flieger beginnt sich zu bewegen. Irgendwie wird es der Maus jetzt doch mulmig. „Zu weit möchte ich nicht wegfliegen. Ich will doch wieder in zwei Tagen in meiner Gärtnerei sein. Vielleicht war das doch keine so gute Idee.“ Tränen stehen Betty in den Augen und ein tiefer Seufzer kommt aus ihrer Brust. Aber jetzt ist es zu spät. Das Flugzeug hebt ab und schwebt über die A 96 in Richtung Gilching. Die Neugier siegt über die Angst. Und Betty Blüh kraxelt auf den Fensterplatz im Flieger und schaut hinaus. Fasziniert erblickt sie Argelsried und Alling von oben. Auch den Kirchturm von Biburg erkennt sie. Jetzt fliegt der Pilot eine Schleife über das Kloster Fürstenfeld und der Stadt Fürstenfeldbruck. Ganz hinten am Horizont tauchen Germering, Eichenau, Gröbenzell und Olching auf. Sogar Emmering kann man sehen. Über Maisach, Mammendorf, Adelshofen und Landsberied nimmt das Flugzeug an Tempo ab und landet sicher auf dem Flugplatz von Jesenwang. Mit roten Backen steigt Betty überglücklich aus der Maschine. Da hat sie aber noch einmal Glück gehabt, dass die Reise nicht weiter ging als in den Landkreis FFB. …. Wie kommt sie nach Hause, wen trifft sie noch? Wir werden sehen, Fortsetzung folgt!